Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Vertragspartner im Mietverhältnis
Was gilt es bei der Kündigung eines Mietverhältnisses mit einer GbR zu beachten?
Grundsätzlich sind Gesellschafter einer GbR gemäß § 720 Abs. 1 BGB gemeinsam zur Vertretung der GbR befugt, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag bestimmt etwas anderes. Insoweit müssen grundsätzlich auch alle Gesellschafter einer GbR einen Mietvertrag gemeinsam kündigen.
Wie verhält sich aber die Rechtslage, wenn alle Gesellschafter bis auf einen aus der Gesellschaft ausscheiden?
Ein aktueller Beschluss des OLG Stuttgart (vom 13. März 2024 – Az. 5 U 166/23) liefert wichtige Erkenntnisse zu dieser Thematik, die sowohl für die Gesellschafter einer GbR als auch für die Vertragspartner einer GbR von großer Bedeutung sind.
Der Fall: Kündigung nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters
In dem vom OLG Stuttgart zu entscheidenden Fall schloss eine GbR (in diesem Fall bestehend aus zwei Eheleuten) als Vermieterin einen Gewerberaummietvertrag ab. Im Laufe der Zeit schied die Ehefrau aus der GbR aus und übertrug ihre Anteile auf ihren Ehemann, der als alleiniger Gesellschafter verblieb. Jahre später kündigte der Ehemann den Mietvertrag im eigenen Namen und allein. Der Mieter stellte die Wirksamkeit der Kündigung infrage, da er der Ansicht war, dass nach dem Tod der Ehefrau deren Erben als Rechtsnachfolger in die GbR eingetreten seien und daher die Kündigung nur gemeinsam durch die Erben und den verbliebenen Gesellschafter hätte erfolgen können.
Die Entscheidung: Der verbliebene Gesellschafter kann kündigen
Das OLG Stuttgart entschied, dass der Ehemann zur Kündigung des Mietvertrags berechtigt war.
Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer GbR führe zur Beendigung der Gesellschaft, da diese stets das Vorhandensein von mindestens zwei Gesellschaftern verlange. Die Gesellschafter könnten die Beendigung der Gesellschaft ohne besondere Abwicklung und Anwachsung des Gesellschaftsvermögens bei dem letzten verbleibenden Gesellschafter vereinbaren. Eine solche Vereinbarung hätten die Gesellschafter vorliegend stillschweigend getroffen. Dadurch habe der Ehemann als verbleibender Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge alle Vermögenswerte übernommen. Die Folge: Auch das Mietverhältnis ginge auf den Ehemann über. Der Ehemann sei daher als alleiniger „Vermieter“ in der Lage gewesen, den Mietvertrag zu kündigen – ohne die Zustimmung der Erben der Ehefrau.
Dieses Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge bei Austritt des vorletzten Gesellschafters war bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) anerkannt, ergibt sich jedoch seit dem 01.01.2024 direkt aus dem neu eingefügten § 712a BGB.
Der § 712a BGB besagt, dass wenn nur noch ein Gesellschafter in der Gesellschaft verbleibt, die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt. Das Gesellschaftsvermögen geht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG Stuttgart unterstreicht, dass eine GbR grundsätzlich mit dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters erlischt. Der letzte verbleibende Gesellschafter tritt dann als Gesamtrechtsnachfolger in sämtliche Rechte und Pflichten der Gesellschaft ein – einschließlich bestehender Mietverhältnisse.
Für die Praxis bedeutet das: Wer eine GbR als Vertragspartner hat, sollte stets genau wissen, wer aktuell Gesellschafter ist. Andernfalls könnte eine Kündigung unwirksam sein, wenn sie nicht der richtigen Partei zugeht. Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, ist es daher ratsam, Regelungen zur Anzeige von Gesellschafterwechseln (Gesellschaftereintritt, Gesellschafteraustausch oder Gesellschafteraustritt) im Mietvertrag zu verankern oder sich bei einer eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR) auf das Gesellschaftsregister zu berufen. Denn bei einer eingetragenen GbR (sog. eGbR) vereinfacht das MoPeG seit dem 01.01.2024 den Geschäftsverkehr. Das Gesellschaftsregister ist ein neu geschaffenes Register für die GbR. Die Eintragung begründet eine Publizitätswirkung. Da die Vertretungsbefugnis einer eGbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird, kann sich der Rechtsverkehr einfach und rechtssicher über die Vertretungsbefugnis informieren.
Verfasser*innen: RAin Dr. Cathrin Isenberg und Rechtsreferendar Leonard Djawahiri Saattchi