Deckel drauf! Können Wartungskosten an Gemeinschaftsflächen und -anlagen ohne Kostenbegrenzung auf den Mieter umgelegt werden?
Streitstand
Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist es der Vermieter, der die Wartung auf eigene Kosten durchzuführen hat. Will der Vermieter hiervon abweichen, sei es indem der Mieter auf eigene Kosten Wartungsarbeiten durchführt, sei es weil der Mieter jedenfalls Kosten anteilig übernehmen soll, bedarf es stets einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten und transparenten Abwälzungsvereinbarung, durch die der Mieter in die Lage versetzt wird, sich ein grobes Bild von den auf ihn zukommenden Kosten machen zu können (z.B. BGH Urt. v. 02.05.2012 – XII ZR 88/10). Ob es nach diesem höchstrichterlichen Grundsatz geboten ist, die für gemeinschaftlich genutzte Flächen und Anlagen anfallenden Wartungskosten mit einer Kostenobergrenze zu vereinbaren, wird von Gerichten unterschiedlich bewertet.
Teilweise wird vertreten, die regelmäßig anfallenden Wartungskosten wären – im Gegensatz zu umfangreichen Reparaturen (Instandhaltung/Instandsetzung) – für den Mieter kalkulierbar und außerdem sei der Begriff der „Wartung“ klar definiert und könnten vom Mieter hinreichend bestimmt werden (vgl. z.B. OLG Dresden Urt. v. 17.11.2017 Az.: 5 U 953/17; OLG Frankfurt/am Main Urt. v. 16.10.2015 Az.: 2 U 216/14).
Während der BGH in einem Wohnraummietrechtsfall von 2012 bereits die Umlage von Gasthermenwartungskosten als laufende Kosten ohne Kostenbegrenzung für zulässig erachtete (Az.: VIII ZR 118/12), fehlt eine höchstrichterliche Entscheidung für die Umlage von Wartungskosten für gemeinschaftlich genutzte Anlagen und Flächen im Gewerberaummietrecht. Würde der BGH in einer solchen Entscheidung einer Umlagefähigkeit ohne Kostendeckel zustimmen?
Kammergerichts, Urteil vom 01.12.2022 – Az.: 8 U 50/21
Das Kammergericht entschied nun, dass Wartungskosten an Gemeinschaftsflächen und -anlagen nur mit Kostenobergrenze umlegbar wären (Urt. v. 01.12.2022 – Az.: 8 U 50/21) und stärkte damit die Rechte des Mieters.
Das Gericht war zum einem mit der Frage befasst, ob „Wartungsarbeiten“ ihrem Wesen nach als Teil von „Instandhaltungs-/Instandsetzungsarbeiten“ betrachtet werden können und zum anderen, ob die für Gemeinschaftsflächen und -anlagen anfallenden Wartungskosten zur formularvertraglichen Umlage auf den Mieter mit einer Kostenobergrenze vereinbart werden müssen.
Zunächst stellte das Kammergericht fest, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Kostenobergrenze für die Umlage von Instandhaltungs-/Instandsetzungskosten für Gemeinschaftsflächen und -anlagen nicht auch für die vereinbarte Umlage der Wartungskosten gelte, da Instandhaltung/Instandsetzung kein Oberbegriff wäre, der auch Wartung umfasse. Diese Differenzierung ergäbe sich aus der Betriebskostenverordnung, welche die Begrifflichkeiten Instandhaltung/Instandsetzung und Wartung als unterschiedliche Kostenpositionen behandele.
Wie auch das OLG Brandenburg (Urt. v. 05.04.2022 – Az.: 3 U 144/20) kommt das Kammergericht dann zur Auffassung, dass die an Gemeinschaftsflächen und -anlagen anfallenden Wartungskosten formularvertraglich nur unter Beachtung einer Kostenobergrenze umlegbar wären. Die unbegrenzte Umlage wäre eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, so der 8. Zivilsenat des Kammergerichts. „Dadurch werden dem Mieter Kosten der Erhaltung des gesamten Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen aufgebürdet, ohne dass die entsprechenden Kosten der Höhe nach begrenzt würden.“
Praxistipp:
Die Entscheidung des Kammergerichts zeigt: Wer den sicheren Weg gehen will, sollte auch für Wartungskosten einen Deckel vorsehen. Wer aber die Chance haben will, alle Kosten zu erhalten, muss riskieren, sie ungedeckelt abzuwälzen. Doch sollte sich der BGH zukünftig für eine Umlagefähigkeit nur mit Kostendeckel entscheiden, hätte derjenige, der bereit war das Risiko einzugehen, mit Zitronen gehandelt.
Verfasser: Rechtsanwalt Moritz Räfler