Pech gehabt, liebes Hochzeitspaar! Die Corona – Hochzeitsentscheidung des BGH
Mit Urteil vom 2. März 2022 zum Aktenzeichen XII ZR 36/21 entschied der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Fall, dass die Mieter, deren Hochzeitsfeier aufgrund der Corona – Pandemie nicht stattfinden konnte, zur vollständigen Zahlung der Miete für die Veranstaltungsfläche verpflichtet sind. Der BGH knüpft mit dieser Entscheidung an sein viel diskutiertes Corona – Urteil vom 12. Januar 2022 (Az.: XII ZR 8/21) an und nimmt uns mit auf eine Reise in die Sphären der Ermessensfreiheit des im Einzelfall entscheidenden Tatrichters.
Die am 11. Dezember 2018 standesamtlich getrauten Kläger, mieteten für 2.600 € für eine am 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier mit 70 Personen Veranstaltungsräume der Beklagten. Die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung untersagte es den Mietern jedoch, die Veranstaltung wie geplant durchzuführen, worauf hin sie den Rücktritt vom Vertrag erklärten und die Rückzahlung der (vollen) geleisteten Miete verlangten, obwohl die Beklagte ihr zuvor Alternativtermine für die Hochzeitsfeier anbot.
In der Urteilsbegründung lehnte der BGH zunächst die vorrangig zu prüfenden Rechte des Mieters aus dem besonderen und dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht ab, um schließlich bei dem Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage anzukommen, welches dem Tatgericht größtmöglichen Ermessensspielraum einräumt.
In der Argumentation blieb sich der BGH in seiner Linie treu. Zunächst wird ein Fall der Unmöglichkeit gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB mit dem Argument abgelehnt, die Beklagte wäre während der angeordneten Kontaktbeschränkung fortlaufend zur Gewährung des Gebrauchs der Mietsache zum vereinbarten Mietzweck in der Lage gewesen. Obwohl man sich an diesem Punkt berechtigter Weise die Frage stellen darf, ob eine Hochzeitsfeier nicht ein absolutes Fixgeschäft darstellt, geht der BGH weiter und kehrt den Gewährleistungsrechten, wie etwa der Minderung, mit dem Argument den Rücken zu, die Mietsache stände dem Mieter trotz Coronaschutzverordnung zur Verfügung und das Verwendungsrisiko trage allein der Mieter, weshalb ein Mangel der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 BGB nicht vorläge. Damit ebnete der BGH erneut den Weg zur – grundsätzlich subsidiär zu prüfenden – Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB, die als Rechtsfolge nicht nur die Anpassung des Vertrages, sondern als ultima ratio auch die Beendigung des Vertrages vorsieht.
Im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB setzte sich der BGH mit dem alles entscheidenden Kriterium der Unzumutbarkeit auseinander, zu dem er erneut ausführt, dass es einer umfassenden Abwägung bedürfe, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Der BGH befand in diesem Einzelfall, dass zwar ein Anpassungsanspruch der Kläger bestehe, dieser sich aber auf die Verlegung der Hochzeitsfeier beschränke. Indem die Beklagte bereits am 23. März 2020 Ausweichtermine für die Feier angeboten habe, sei sie ihrer Pflicht zur Vertragsanpassung nachgekommen. Die Klägerin habe
diese Alternativtermine zu Unrecht nicht angenommen. Da die standesamtliche Trauung der Kläger ohnehin bereits erfolgte und nicht am selben Tag der Hochzeitsfeier geplant gewesen wäre, wäre den Klägern zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine Verlegung der Hochzeit zumutbar und für die Parteien eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos gewesen. Zumindest hätten die Kläger keine Gründe dafür vorgetragen, dass die Feier ausschließlich am 1. Mai 2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können. Die Entscheidung endgültig auf die Hochzeitsfeier zu verzichten, betreffe allein das allgemeine Verwendungsrisiko des Mieters.
Mit diesem Urteil hat der BGH nochmals unterstrichen, wie ernst ihm sein Anliegen ist, die im Gewerberaummietrecht aufgrund der Corona- Pandemie entstehenden Problemkreise über die Störung der Geschäftsgrundlage abzuwickeln. Obwohl so manch ein Praktiker sicher eine andere rechtssicherere Lösung befürwortet hätte, besteht jetzt zumindest die Sicherheit, dass die Lösung im Ermessen des Tatrichters liegt.
Verfasser: Rechtsanwalt Moritz Räfler