Wertersatzanspruch des WEG-Verwalters bei Abweichung vom Ausführungsbeschluss!
Beauftragt ein Verwalter abweichend von einem Beschluss Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum und verlangt die WEG Erstattung geleisteter Zahlungen, sind Gegenansprüche des Verwalters aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht nicht gesperrt. Dies hat der BGH mit einem verwalterfreundlichen Urteil vom 10.12.2021 (V ZR 32/21) so entschieden. Eine WEG hatte beschlossen, eine Firma B. mit der Erneuerung der Eingangstüren und Briefkastenanlagen zu beauftragen. Der Verwalter beauftragte davon abweichend das günstigere Angebot der Firma M. und zahlte die Rechnung aus den Mitteln der Gemeinschaft. Ein späteres Insolvenzverfahren über die Firma M. (UG) wurde mangels Masse nicht eröffnet. Die WEG genehmigte den Vertrag nicht, forderte vielmehr Rückzahlung des vom Verwaltungskonto entnommenen Rechnungsbetrages. Der Verwalter rechnete auf mit Gegensprüchen in identischer Höhe und meinte, dass die WEG nach der Durchführung der Sanierungsmaßnahme um diese Kosten bereichert wäre. Amtsgericht und Landgericht lehnen Gegenansprüche des Verwalters ab. Dies sieht der BGH allerdings anders.
Danach besitzt der Verwalter – anders als der einzelne Wohnungseigentümer – grundsätzlich eine Handlungs- und Entscheidungskompetenz für Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum. Das Wohnungseigentumsgesetz sperrt damit die allgemeinen Regeln zum Ausgleichsrecht nicht. Es ist zu berücksichtigen, dass der WEG infolge der unbefugten Maßnahme eine Bereicherung zugeflossen ist. Der Ersatzanspruch des Verwalters ist insoweit auf Ausgleich der Werterhöhung der Anlage durch die veranlasste Maßnahme gerichtet. Allerdings kann die Abweichung von der Beschlussfassung eine Verringerung des Ersatzanspruchs rechtfertigen, abhängig von den Umständen des Einzelfalls bis zu 20 %.
Dem Urteil liegt zwar materiell-rechtlich das Recht vor der WEG-Reform zugrunde, die Kernaussagen gelten aber „erst-recht“ für die Gegenansprüche des Verwalters nach dem neuen WEG-Recht. Dort wurden die organschaftliche Stellung sowie die Bedeutung des Verwalters noch gestärkt. Dem eigenmächtig tätigen Eigentümer stehen dagegen keine Ersatzansprüche zu. Ein Wohnungseigentümer, der zB. die Fenster seiner Wohnung in der irrigen Annahme erneuert hat, dies sei seine Aufgabe, hat keinen Anspruch auf Kostenersatz (BGH V ZR 254/17. Der Gegenanspruch des Verwalters wird meist auf ersparte Aufwendungen der WEG gerichtet sein. Insoweit ist das Urteil auch nicht unbillig. Dennoch sollte der WEG-Verwalter Vorgaben im Beschluss umsetzen. Bei der dortigen Entscheidungsfindung ist nämlich nicht zwingend das preisgünstigste Angebot maßgeblich, sondern auch bestehende Geschäftsbeziehungen, Referenzen oder Haftungsfragen. Zudem drohen der WEG Nachteile, soweit – wie hier – gegen den (ungewollten) insolventen Vertragspartner Erfüllungs- bzw. Mängelansprüche nicht durchsetzbar sind. Damit begründet der BGH einen Abschlag.
Verfasser: RA Carsten Küttner